FDP/DIE FREIEN stimmen dem Haushalt 2025 zu
Die Stadt Werther befindet sich aktuell in einer sehr schwierigen finanziellen Situation. Trotz Einsparungen von rund 1.2 Mio. € gegenüber dem Vorjahr, weißt der Haushalt eine Deckungslücke von rund 3 Mio. € aus. Nachfolgend die Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden hierzu:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, in schwierigen Zeiten kann man regelmäßig ein interessantes politisches Phänomen beobachten: Zuerst nehmen bei geringerem Gestaltungsspielraum die Konflikte zu, weil jeder der Meinung ist, dass bei den Lieblingsprojekten der anderen gespart werden kann, aber bloß nicht beim eigenen. Wenn die Möglichkeiten dann aber noch kleiner werden, nehmen oft auch die Konflikte wieder ab, zumindest solange mehr oder weniger alle sich denselben schlichten Notwendigkeiten und Sachzwängen ausgesetzt sehen. Die Voraussetzung ist also, dass es gewisse gemeinsame Grundlagen und Ausgangsannahmen gibt, die zu akzeptieren breite Mehrheiten bereit sind. Die politischen Probleme unserer Gegenwart haben meines Erachtens viel damit zu tun, dass das Gewicht derjenigen wächst, die zu solchen gemeinsamen Grundlagen und Ausgangsannahmen nicht mehr bereit sind. Wenn ich in dieser für mich besonderen Rede einen Wunsch für die zukünftige Arbeit des Rates äußern darf, dann ist es dieser: Dass der Souverän im kommenden Jahr einen Rat wählen möge, der sich auch in Zukunft auf derartige gemeinsame Grundlagen verständigen kann. Diese gehen nämlich einer produktiven Kontroverse notwendig voraus. In Bezug auf den Haushalt 2025 ist eine solche Grundlage zunächst die Einsicht, dass der von uns beeinflussbare Teil des erwarteten Ergebnisses deutliche Grenzen hat. Entsprechend ist es seriöserweise mit den ganz großen Alternativen nicht weit her und entsprechend würde es auch nicht helfen, das absehbare erneut negative Ergebnis als solches zu skandalisieren. Werther – das geht eben nicht ganz anders, zumindest nicht auf der Ebene des Haushalts, wenn man Vernunft und Logik für sinnvolle Orientierungspunkte hält.
Zwei kurze Beispiele: die Folgen der Grundsteuerreform und der städtische Stellenplan. Diese Grundsteuerreform, von der nach meinem Eindruck in diesem langen Prozess heute unklarer denn je ist, wer sie aus welchem Zweck heraus eigentlich gewollt hat – wenn wir das Motiv des blanken Neides auf Hausbesitzer mit günstiger Wertentwicklung mal beiseite lassen wollen – diese Grundsteuerreform läuft bei uns, der Kommune, als eine Art undurchsichtiger Mixer auf. Welche Umverteilungswirkungen es gibt, ob wir diese für begrüßenswert oder falsch halten, niemand weiß es, außer dass global gesehen die Hausbesitzerinnen eher be- und die Unternehmen eher entlastet werden. In so einer Gemengelage vom Gesamtaufkommen auszugehen und zu sagen: Die Summe, die reinkommt, soll gleichbleiben – da fällt es mir schwer, mir überhaupt irgendeine halbwegs vertretbare Alternative vorzustellen. Ähnliches gilt für unsere Personalpolitik. Ich habe das schon im letzten Jahr so ähnlich gesagt: Der Fachkräftemangel zwingt uns, ganz anders zu denken als man vielleicht vor 20 Jahren gedacht hat, als die einen einen schlanken Staat und die anderen einen expansiven wollten. Dieses Wollen gibt es zwar immer noch, aber alle müssen anerkennen, dass Aufgaben erledigt werden müssen und dass es ungemein voraussetzungsvoll geworden ist, das dafür notwendige Personal erst anzulocken, dann (weiter) zu qualifizieren und sich schließlich zu überlegen, wie man es möglichst hier halten kann. Ich denke jedenfalls, dass hier die richtigen, nämlich mittel- und langfristig angelegten Überlegungen angestellt werden.
Wer sich mehr versprochen hat, keine Angst – der gemütliche Teil ist gleich zu Ende. Zunächst aber noch ein Dankeschön an den Kämmerer und den Bürgermeister für ihre Erläuterungen zum Haushalt in unserer Fraktion.
Meine These ist also: Dieser Haushalt ist, gerade weil die Zeiten kompliziert sind, besser als in den Vorjahren. Es ist schon eine erstaunliche Leistung, bei dem Gesamtvolumen, über das wir hier sprechen, eine siebenstellige Summe einsparen zu können. Anders gewendet könnte man allerdings auch sagen: Warum denn nicht gleich so? Warum denn nicht eher? Zumal ich eher noch so einen Tenor im Ohr habe, dass es mit den Einsparmöglichkeiten nicht weit her sei, alles schon auf Kante genäht, „wir wirtschaften traditionell schon so sparsam“ und so weiter – aber vielleicht täusche ich mich da ja in meiner Erinnerung…
Es gibt auf der Ausgabenseite gleichwohl noch immer Posten, die uns als Freienicht besonders gut schmecken, wir haben das auch regelmäßig angesprochen: Nutzen der Klimasubventionen fragwürdig, „Alte-Markt-Möbel“ aus unserer Sicht nicht überzeugend. Neu dazu kommt, dass man bei einem Feuerwehrbulli, der im Wesentlichen die Mannschaft transportieren soll, doch etwas andere Maßstäbe hinsichtlich der zwingenden Notwendigkeit zur Erneuerung anlegen darf als dort, wo technische Geräte veraltet sind. Beim Bauhof ist es vielleicht in diesen Zeiten auch nicht schlecht, noch einmal mehr inne zu halten, als man es im Boom tun würde. Aber das sind alles keine Riesenposten. Sie machen aus unserer Sicht jedenfalls aus einem zustimmungsfähigen Haushalt keinen schlechten. Auf einer eher symbolischen Ebene zeigen sie aber an, dass das Verhältnis von Pflicht und Kür noch besser austariert werden könnte: Der Bürgermeister hat so recht, wenn er sagt, dass wir als Stadt Werther auch dafür mitverantwortlich sind, dass die Leute nicht den Eindruck haben: „In diesem Staat mit seiner demokratischen Ordnung funktioniert nichts mehr oder jedenfalls nichts mehr richtig“ Nur welche Schlussfolgerung ziehen wir daraus: Die nochmalige erhebliche Kürzung der Mittel
für Straßenunterhaltung ist kein gutes Zeichen in diesem Zusammenhang. Denn im Zweifel lassen sich die Leute ihre Alltagserfahrungen nicht wegfabulieren. So schöne Plakate gibt es gar nicht, die wir aufhängen könnten, um auszugleichen, wenn die Gemeindestraßen in schlechtem Zustand sind. Fahren Sie mal die Diekstraße, das verstehen sie schon, was ich meine. Man sagt manchmal: Der Haushalt sind in Zahlen gegossene politische Entscheidungen. Das ist auch sicher richtig. In diesem Jahr aber weniger als sonst. Das liegt daran, dass wir manche Posten haben, von denen unklar ist, ob die Voraussetzungen dafür wirklich geschaffen werden, dass sie auch abfließen können. Man muss also die politische Lagebeurteilung und den Haushalt als solchen stärker getrennt beurteilen, als das in anderen Jahren der Fall war.
Zum Beispiel haben wir Mittel für eine Baustraße „Rodderheide II“ im Haushalt. Das ist erfreulich. Aber der Grad an Aktivität und Kreativität, und hiermit meine ich vorrangig gar nicht mal den Bürgermeister, sondern uns als Rat, Gewerbeflächen anbieten zu können, die Attraktivität des Gewerbestandorts zu steigern usw. ist nicht nur ausbaufähig. Er muss sich steigern, wollen wir unseren Handlungsspielraum in Zukunft wieder erhöhen. Ich bin sehr gespannt, und ich werde es aus der Nachbarstadt dann gespannt beobachten, ob es uns gelingt, hier eine sichtbare Prioritätenverschiebung hinzubekommen. Ich halte sie jedenfalls für unbedingt geboten. Im Wohnbereich ist es sehr erfreulich, dass wir den Prozess der städtebaulichen Rahmenplanung in diesem Jahr so weit vorangebracht haben. Ich wiederhole die Argumente hier nicht ein weiteres Mal, Uwe Gehring hat bereits im HFA das Nötige dazu in Erinnerung gerufen. Ich muss ehrlich gestehen, ich hätte das vor einem oder anderthalb Jahren so nicht für möglich gehalten. Jetzt muss es aber darum gehen, auch Mehrheiten für echte Handlungen zu bilden. Spätestens die Kommunalwahl wird auch eine Abstimmung darüber sein, ob die Menschen sich hier einen neuen Aufbruch wünschen oder eine Politik der eingeschlafenen Hand. Der Blotenberg ist vor allem das Verdienst eines früheren Rates und einer früheren Bürgermeisterin. Wir sollten jedenfalls bei aller Freude über das Ernten nicht die Aussaat vergessen. Man muss, glaube ich, nicht wie mein Fraktionskollege, bei dem ich auch öffentlich sehr gerne für die hervorragende Zusammenarbeit in dieserWahlperiode bedanke, Landwirt sein, um das einsehen zu können.
Vielen Dank – und allen, die jetzt und in Zukunft Verantwortung tragen, ein glückliches Händchen zum Wohle der Stadt und seiner Menschen.
Die Freien stimmen dem Haushalt 2025 zu.